RUW Report 102
46 RUW Repor t — 05/2021 EXTRA Die CNCPS-Analytik geht noch einen Schritt weiter: Sie unterscheidet beim Rohprotein fünf verschiedene Frak- tionen (A1, A2, B1, B2 und C) anhand ihres chemischen Aufbaus und ihrer Abbaubarkeit im Verdauungstrakt. Damit lässt sich sehr genau darstellen, welche Men- gen an Nicht-Protein-Stickstoff (NPN-Verbindungen), Aminosäuren und Proteinen zu welchem Zeitpunkt im Pansen für die Pansenmikroben zur Verfügung stehen. In der praktischen Rationsberechnung nach deutschem System ist es üblich, bei der Versorgung mit Rohprotein stets einen gewissen Mehrbedarf im Vergleich zur Milch- produktion aus Energie vorzuhalten. Dieser landläufig bekannte „Proteinvorlauf “ ist mit der genauen Kenntnis der Verdaulichkeiten und Charakteristik des Futters bei CNCPS überflüssig. Kostspielige „Sicherheitszuschläge“ sind nicht mehr notwendig. Das spart Geld und erhöht den IOFC. Leber und Umwelt werden entlastet, weil weniger Stickstoff zu Harnstoff entgiftet und unproduktiv über Milch und Harn ausgeschieden werden muss. Präzise durch Blick auf die Aminosäuren Die Futtermittelanalyse nach CNCPS erfasst neben den NPN- und Proteinfraktionen auch das Aminosäu- re-Muster. Das sind die genauen Aminosäuren-Gehalte, aus denen sich das Protein im Futter zusammensetzt. Bestimmte Aminosäuren, wie zum Beispiel Methionin, zeichnen sich über den reinen Nährwert hinaus durch ihre positiven Effekte auf die Tiergesundheit aus. Die sogenannten „funktionellen Effekte“ werden mit CNCPS effektiv genutzt. Das Programm sagt durch Kenntnis von Aminosäuremuster, Abbaucharakteristik und Passagerate präzise voraus, an welcher Stelle des Verdauungstraktes (Pansen oder Dünndarm) welche Aminosäuren freigesetzt respektive resorbiert werden. So ist es möglich, näher am idealen Futtereiweiß und wirklichen Bedarf der Tiere zu füttern. Der Gesamtproteingehalt in der Ration kann gesenkt und erstlimitierende Aminosäuren – sofern nö- tig – gezielt zugefüttert werden. Die erstlimitierenden Aminosäuren in Hochleistungsrationen für Milchkühe sind üblicherweise Methionin und Lysin. N-Nutzungseffizienz aktiv steigern Betriebliche Nährstoffströme (Stichwort „Hoftorbi- lanz“) werden immer weiter eingeschränkt und erfordern auch von Seiten der Fütterung aktives Handeln. Das Ziel ist, die Nährstoffe, insbesondere Stickstoff, möglichst effizient zu nutzen und unproduktive Ausscheidungen zu senken. Zur Steigerung der N-Nutzungseffizienz bietet das CNCPS-Fütterungsmodell mehrere Möglichkeiten. Eine davon ist es, die Stickstoff- und Proteinquellen in der Ration so aufeinander abzustimmen, dass sowohl im Pansen als auch im Darm genau die N-Mengen be- reitgestellt werden, die dort benötigt und aufgenommen werden. Überschüsse wie zu hohe abbaubare Rohprote- inmengen im Pansen sind zu vermeiden, weil damit die unproduktiven N-Ausscheidungen über Milch und Harn steigen. Das belastet den Stoffwechsel und die Umwelt. In solchen Situationen empfiehlt sich der Einsatz von geschützten Proteinquellen. Eine weitere Möglichkeit, die N-Produktivität zu verbessern, ist die präzise Nähr- stoffsynchronisation von Protein und Energie im Pansen. Damit die Pansenmikroben möglichst effizient wachsen und Stickstoff beim Aufbau von mikrobiellem Protein fixieren, benötigen sie ausreichend schnell verfügbare Energie. Die schnelle Energie kann in Form von Kohlen- hydratquellen (zum Beispiel A4-, B1-Fraktionen) gezielt ergänzt werden. Die Faserverdaulichkeit der eingesetzten Silagen hat ebenso einen Einfluss auf die Höhe der Stick- stoffausscheidungen mit dem Kot. Da ein nennenswerter Teil des Rohproteins im Grundfutter an Faser gebunden vorliegt, wird bei sinkender Faserverdaulichkeit mehr Stickstoff unverdaut mit dem Kot ausgeschieden. Daher führen letztlich alle Maßnahmen, die die Faserverdau- lichkeit verbessern, indirekt auch zu einer effizienteren Stickstoffnutzung. Umfang der Optimierung abhängig von Betriebssituation Der Umfang, wie weit sich die N-Ausscheidungen sen- ken lassen, hängt von den betrieblichen Gegebenheiten ab. Steht beispielsweise als Grundfutter ausschließlich Grassilage oder Weideaufwuchs zur Verfügung, so ent- hält die Ration stets einen relativ hohen Anteil an Pan- sen-verfügbarem Stickstoff. Ebenso grenzen Grundfutter mit schlechter Verdaulichkeit oder Einschränkungen der verfügbaren Eiweißfuttermittel den Umfang ein. Fazit Aus der Kombination von tiefgreifender Futteranalyse und Rationsberechnung nach CNCPS können die Stick- stoffausscheidungen über Milch, Kot und Harn erstmalig vorausgesagt und bei der Rationsgestaltung aktiv beein- flusst werden. Auch wenn aktuell Tiergesundheit und Öko- nomie noch die oberste Priorität bei der Rationsgestaltung haben, rückt die N-Nutzungseffizienz künftig mehr in den Fokus. Das CNCPS-Modell vereint all diese Parameter in einer Komplettlösung und bietet eine betriebsindividuelle, wirtschaftliche und umweltbewusste Rationsgestaltung für Tiergesundheit und Leistungsfähigkeit bei gezieltem Nährstoffeinsatz. Dr. med. vet. Norbert Göres Dairy Specialist – SmartDairyNutrition (Sano)
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