RUW Report 94

Zucht RUW REPORT 30 | Nr. 94 9/2018 Die Melkbarkeit ins rechte Licht rücken Erkenntisse zum Thema Melkbarkeit (RZD), die unter anderem aus Projekt KuhVision gewonnen wurden Kaum ein Zuchtwert wird so heiß diskutiert, wie dieses Merkmal, denn es gibt kaum etwas Ärgerli- cheres als eine Dame im Melkstand bzw. im Roboter, die den „ganzen Laden aufhält“. Für viele sind Melkbarkeitszuchtwerte im zweistelligen Bereich (also RZD < 100) schon Ausschlusskriterien, egal ob Besamungsbulle oder Kuhkalb bei der Herdentypisierung. Zuchtwerte von RZD 90 oder niedriger für Melkbarkeit werden mit einem durchschnittlichen Minutengemelk von 1,5 kg oder weniger in Verbin- dung gebracht. Hier ist mehr Objektivität angebracht: Aus dem Projekt KuhVision existieren zum Thema Melkbarkeit sehr schöne Anhalts- punkte (s. Anhang). Alle Kühe in diesem Projekt haben genomische Zuchtwerte, u.a. auch für die Melkbarkeit (RZD). Die schlech- testen 25 % Kühe für das Merkmal Melk- barkeit liegen bei einem Wert von RZD = 89. Es handelt sich immerhin um 9.000 Kühe (!) aus diesem Projekt, die in diese Klasse der 25 % schlechtesten fallen. Man hat nun von diesen 9.000 relativ schlechten RZD-Kühen das durchschnittliche Minutengemelk ermit- telt: es liegt bei 2,1 kg pro Minute, also deut- lich besser als viele mit diesem vermeintlich schlechten Zuchtwert verbinden würden. Übrigens, die 25 % besten ebenfalls 9.000 Kühe liegen im RZD bei 112 bzw. 2,9 kg/ Minute, also nur 0,8 kg/Minute schneller als die schlechteste Kategorie bei immerhin 23 RZD-Punkten Verbesserung des RZD-Zucht- wertes: viel Lärm um nicht viel. Wie bei den meisten Exterieur-Linearmerk- malen muss auch die Melkbarkeit als Optimalmerkmal angesehen werden. Im KuhVisionsprojekt bedeutet der Mittelwert von RZD = 101 (bei knapp 36.000 Kühen) ein durchschnittliches Minutengemelk von 2,5 kg. Eine extrem niedrige Melkbarkeit ist sehr ärgerlich (s. oben), eine (zu) hohe Melkbarkeit birgt immer die Gefahr von Mastitiskrankheiten. Ferner ist folgendes zu bedenken: Daten zur Melkbarkeit, die für die RZD-Berech- nung relevant sind, werden – genauso wie die Lineardaten des Exterieurs – (nur) bei jungen Kühen in der 1. Laktation erhoben. Bekanntlich wird der Milchfluss in späteren Laktationen schneller. Vor diesem Hinter- grund sind (sehr) hohe Melkbarkeitszucht- werte mit noch mehr Vorsicht zu genießen und vermeintlich knappere RZD-Werte als nicht so problematisch einzuschätzen, als es landläufig getan wird. Hartwig Meinikmann Genomischer Zuchtwert und phänotypische Leistung 1.Laktation Merkmal: DMG N = 35955 Ø gZW = 101 Ø Mkg/min = 2,5 kg

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