RUW Jungzüchterfahrt Italien 2018

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Käseproduktion in Italien
Los ging es schon am Freitagmorgen in aller Frühe, um in den Flieger nach Mailand/Malpensa zu steigen. Nach einem entspannten Flug und der Ankunft in Italien, stand direkt am Vormittag die Besichtigung der Käserei Gardalatte in Lonato auf dem Plan. Vor der Führung durch den laufenden Betrieb wurden wir von Dr. Carlo A. Valsecchi, Zuchtberater bei GGI Italia, begrüßt. Er kümmerte sich im Vorfeld um die Organisation der Betriebe. Carlo berichtete zunächst von den typischen, norditalienischen landwirtschaftlichen Betrieben und erklärte deren Kooperationssystem mit den ortsansässigen Käsereien. Die Milch wird in der Region rund um die Käserei jeden Tag frisch und ausschließlich an diesen Abnehmer abgeliefert. Das Unternehmen verarbeitet täglich rund 260.000 Liter Milch von aktuell 68 Landwirten und stellt hieraus die beiden Käsesorten Grana Padano und Provolone her. Je nach Käsesorte werden unterschiedliche Verarbeitungsprozesse durchgeführt. Bei der Führung durch das Werk wurde uns die komplette Produktionskette vorgestellt und erklärt. So konnten wir die vielen kleinen Schritte der Käseherstellung hautnah miterleben. 

Milchauszahlung nach Kasein-Gehalt der Milch
Nach dem anschließenden Mittagessen- es gab selbstverständlich Pizza und Pasta- fuhren wir zu dem ersten Betrieb. Bei der Baresi Farmbegrüßten uns drei Generationen. Mirco, der aktuelle Betriebsleiter, sein Vater und seine beiden Söhne. Gemeinsam werden 140 Hektar bewirtschaftet und aktuell 400 Kühe gehalten. Außerdem gibt es eine Biogasanlage auf dem Hof, welche ausschließlich mit Gülle betrieben wird. Der Herdenschnitt bei den Kühen liegt bei 10.000 kg Milch mit 4,3% Fett und 3,60% Eiweiß (2,8% Kasein). Der Milchauszahlungspreis wird hier anhand des Kasein-Wertes bestimmt, da dieser Wert für die Käseherstellung relevant ist. Wie der Betriebsleiter berichtete, kann der Kaseingehalt der Milch nicht nennenswert durch die Fütterung beeinflusst werden. Daher ist vor allem die Auswahl der Besamungsbullen entscheidend, um genetisch eine Verbesserung erreichen zu können. Zudem erklärte Mirco uns, dass ca. 50% der Besamungsbullen von deutschen Organisationen stammen. 
Interessant war, wie das Sperma vor der Besamung behandelt wird. Die Pipetten werden für 7 Minuten auf 37°C erwärmt. Die Besamung findet rund 20 Stunden nach der Hauptbrunst statt. Hierdurch konnten in der Vergangenheit 10% höhere Trächtigkeitsraten erreicht sowie mehr weibliche Kälber geboren werden. Bei den Gebäuden wird hauptsächlich auf eine gute Deckenhöhe, viel Frischluft und Platz geachtet. Aktuell wird ein Liegeboxen-Stall für Trockensteher errichtet. Gemolken wird in einem 2x12 Side-by-Side Melkstand. Hierzu sind Melker aus Indien angestellt.

Sieben Familien – ein Betrieb
Nach dem Betriebsrundgang fuhren wir zu der nächsten Farm. Bei der „Serenissima Dairy coop.“ gibt es sieben Betriebsleiter. Ursprünglich haben sieben Familien jeweils einen eigenen Betrieb mit 10-20 Kühen bewirtschaftet. Vor einigen Jahrzehnten schlossen sich die Betriebsleiter zu einer Kooperation zusammen. Aktuell werden 580 Kühe (11.000kg Milch/ 4,3% Fett/ 3,6% Eiweiß/ 150.000 Zellen) gemolken. Bei einer Remontierungsrate von 25% werden regelmäßig Färsen verkauft. Der Verkaufspreis orientiert sich hauptsächlich am deutschen Markt. Neben der Milchviehhaltung, 1000 Mastplätzen für weibliche Fleischrassen sowie 500 Schweinemastplätzen gibt es an der Hofstelle eine eigene Schlachterei. Hier werden zu 100% die Schlachttiere des eigenen Betriebes geschlachtet. Das Fleisch wird ebenso wie Käse und andere Kleinartikel im eigenen Hofladen verkauft. 
Mit vielen Eindrücken fuhren wir anschließend in unser Hotel und haben den Abend gemütlich ausklingen lassen. 

Spitzenbetrieb mit vier Melkrobotern
Am nächsten Morgen machten wir uns rechtzeitig auf den Weg zum letzten landwirtschaftlichen Betrieb unserer Reise. Die „Zanoli F.lli Farm“ in Motella Borgo gehört zu den Top-Betrieben in Italien. Der Familienbetrieb ist schon seit vielen Jahrzehnten im Besitz dieser Familie. Der zurzeit 95-jährige Großvater des Hofes gründete den Betrieb an diesem Standort nach dem zweiten Weltkrieg. Von seinen sieben Kindern führen vier seiner Söhne den Betrieb gemeinsam weiter. Die rund 260 Kühe werden seit zwei Jahren von vier Lely- Melkrobotern gemolken. Der aktuelle Tagesdurchschnitt liegt bei 37 Litern. Im neuen Boxenlaufstall wurde vor allem auf Tierkomfort, viel Licht und Luft geachtet. Seitdem konnten Tiergesundheit und Fruchtbarkeit deutlich verbessert werden. Der Umzug in den neuen Stall war anfangs aufgrund der hohen Datenflut eine große Herausforderung für die vier Geschwister. Es dauerte dann einige Monate, bis alles reibungslos ablief.
Auf 110 Hektar Ackerfläche für den Futterbau wird ca. 70% des eigenen Futterbedarfs angebaut. Da es im Umkreis viele andere Landwirte gibt, ist die Ackerfläche sehr knapp. Um die vorhandene Fläche voll ausnutzen zu können, werden sehr enge Fruchtfolgen mit Ackergras als Vorfrucht und einer weiteren Hauptfrucht gefahren.
Nach der Führung über diesen Betrieb nutzten wir die Zeit bis zur Besichtigung des Weinguts am späten Nachmittag, um bis ans Ufer des Iseo-Sees zu fahren und mit einer kleinen Fähre überzusetzen. Im Sommer ist dies sicherlich eine traumhafte Kulisse, im Spätwinter bei Regen hingegen eine etwas trübe Angelegenheit.  In einer Kneipe mit Café ließ es sich dann aber doch ganz gut aushalten. ;-) 

Biologisches Weingut und Stadtrundfahrt in Verona
Anschließend machten wir uns pünktlich auf den Weg zum Weingut „Barone Pizzini“ in Provaglio di Iseo. Dort wurden wir bereits von unserer deutschsprachigen Gruppenleiterin Mariarosa erwartet. Sie führte uns durch die traditionelle Geschichte der Familie Pizzini, über eines der 26 biologischen Felder mit Weinreben sowie in die Lagerräume der Kellerei. Bei einer Anbaufläche von 50 Hektar sowie 10 Festangestellten und zusätzlichen Saisonarbeitskräften ist das Barone Pizzini eines der größeren Weingüter in der Gegend. 
Mariarosa erklärte uns den gesamten Prozess der Weinproduktion von der Weinlese über die Verarbeitung bis hin zur Vermischung der Rebsorten und der Lagerung. Im Anschluss daran gab es eine kleine Verkostung von zwei verschiedenen Schaumweinen. 

Am Abend ging es mit vielen neuen Eindrücken zurück zum Hotel. Am dritten Tag unserer Reise hatte der Wettergott endgültig keine Gnade mehr und bescherte uns eine verregnete Stadtführung durch Verona, vorbei am Balkon der Julia und durch die architektonische und historische Geschichte der Stadt. Die letzten freien Stunden nutzen alle Jungzüchter noch für einen eigenen Rundgang durch Veronas Innenstadt. Mit typischem, italienischem Essen verabschiedeten wir uns aus Italien und flogen am Abend zurück nach Deutschland. 
In den drei programmreichen Tagen konnten wir einen Eindruck von Italiens Landwirtschaft und der Kultur bekommen. Auch innerhalb der bunt gemischten Gruppe wurden viele neue Kontakte geknüpft, die sicherlich auch über die Fahrt hinaus noch bestehen bleiben werden. Viele freuen sich schon jetzt auf die Jungzüchterfahrt 2019! 

Bettina Hueske

 

Bilder und Impressionen von Heinrich Schulte findet Ihr hier!