RZ€

Der RZEuro oder kurz RZ€, ist ein neuer Gesamtzuchtwert

Seit der August-Zuchtwertschätzung gibt es einen neuen deutschen Gesamtzuchtwert, der die deutsche Holsteinwelt revolutioniert. Keineswegs wird das Rad der Holsteinzucht neu erfunden, aber mit diesem Gesamtzuchtwert RZ€ wurde ein Index aus der Taufe gehoben, der klaren, betriebswirtschaftlichen Grundsätzen folgt.„Züchterlatein“ bleibt weitgehend außen vor.

  • Fachartikel über den neuen RZ€

    Eine neue, greifbare Zahl
    RZ steht in diesem Fall eher für „Richtig Züchten“ als für „RelativZuchtwert“, denn der RZ€ ist eben kein kryptisch anmutender RelativZuchtwert, unter denen man sich in der Regel weder phänotypisch noch ökonomisch etwas vorstellen kann. Der RZ€ gibt an, wie hoch Gewinnunterschiede pro Leben einer Kuh (in Euro) sein können. Je höher der RZ€ zum Beispiel eines Bullen ist, umso höher ist sein Beitrag an der wirtschaftlichen Überlegenheit seiner Nachkommen. Hat ein Bulle einen RZ€ von beispielsweise 2500 Euro, dann leistet er den Beitrag an seine weibliche Nachkommenschaft, dass diese 1250 Euro (also vom Zuchtwert die Hälfte, weil der Bulle ja nur 50% der Gene seiner Nachkommen beeinflusst) mehr Geld in ihrem Kuhleben verdient, als ein durchschnittlicher Bulle mit RZ€ = 0. Und mit einem Wert zwischen Daumen und Zeigefinger können viele sicher mehr angefangen als mit reinen Relativzahlen, zumal diese auch noch die Gefahr in sich bergen, falsch interpretiert zu werden.

    Grenzgewinn ist der ökonomische Parameter
    Ganz wichtig ist, dass es sich bei der Zusammenstellung des RZ€ um eine reine Grenz- Betrachtung geht – also um den Grenzgewinn. Wie hoch ist der Effekt eines bestimmten Zuchtwert-Merkmals auf die Wirtschaftlichkeit. Bei dieser Betrachtung bleiben alle andern Faktoren unverändert. Denn in der Zucht bzw. in der Genetik geht es ja immer darum, zusätzliche Effekte von zum Beispiel höherer Milchleistung (kg Milch) oder späterem Abgang (= längerer Nutzungsdauer, RZN) oder weniger Mortellaro (DDcontrole) oder weniger Euterentzündungen (RZEuterfit) zu beurteilen. Die Grundlagen zur Berechnung von Erlösen und vor allem der Kosten basieren auf fundierte Informationen aus der Praxis der Milchviehhaltung (Betriebszweigauswertungen der LwK) und der Veterinärmedizin (z.B. Großtierpraxen), sowie auf aktuellen wissenschaftlichen Arbeiten zu dieser Thematik.


    Das Leben einer Kuh
    Eine weitere Bezugsgröße ist, dass sich der RZ€ immer auf das Leben einer Kuh bezieht. Das durchschnittliche produktive Leben einer Holsteinkuh in Deutschland (also von der 1. Abkalbung bis zum Abgang) beträgt 1.100 Tage oder 3,01 Jahre bzw. 2,7 Laktationen.

    Welche Merkmale sind relevant?
    Die große Aufgabe eines Gesamtzuchtwertes ist es, die wirtschaftlich bedeutsamen Merkmale, von denen auch Zuchtwerte vorliegen, untereinander so zu gewichten, dass jedes Merkmal seiner betriebswirtschaftlichen Bedeutung gerecht wird. Kleiner Exkurs: Futtereffizient ist sicherlich ein wirtschaftlich wichtiges Merkmal, aber es liegen noch keine Zuchtwerte vor, daher kann es noch kein Teil des Gesamtzuchtwertes RZ€ sein. Die Tabelle ist das Resultat aller Berechnungen. Man erkennt welche (Zuchtwert-) Merkmale ökonomischen Einfluss auf die Milchviehhaltung haben und in welcher ökonomischen Relation sie zueinander stehen. Mit 59% liegt der Schwerpunkt des RZ€ bei den Merkmalen, die im Prinzip Geld kosten, wenn sie nicht gut funktionieren. 41% ist der Leistung zuzuordnen, die natürlich ein großes Gewicht hat, denn das Milchgeld bedeutet natürlich den Großteil der Erlöse.

    Welche Merkmale sind nicht relevant?
    Manch einer wird sich wundern, warum nicht ein einziges Exterieurmerkmal in dieser Tabelle aufgeführt ist. Auch die Zellzahlen (RZS) und Melkbarkeit (RZD) fehlen. In einem kommerziellen Milchviehbetrieb ist es der Ökonomie relativ egal, wie eine Kuh eingestuft ist. Die Betonung liegt auf kommerziellen Milchviehbetrieb – dass die Sachlage in einem intensiv zuchtviehvermarkenden Betrieb (z.B. Auktionsbeschicker) eine etwas andere ist , versteht sich von selbst. Aber solche Betriebe repräsentieren nicht die Mehrheit der milcherzeugenden Betriebe, für der RZ€ „gebaut“ wurde. Allerdings: obwohl das Exterieur (RZE) nicht direkt berücksichtigt wird, macht das Merkmal RZE bei Selektion auf den RZ€ dennoch Zuchtfortschritt (siehe Abbildung 1), und zwar sogar auf ähnlichem Niveau wie die Gesundheit (RZGesund) oder die Töchterfruchtbarkeit (RZR). Warum: Leistung, Funktionalität und Nachhaltigkeit schließen ein gutes, formalistisch korrektes Exterieur nicht aus oder anders ausgedrückt: 100.000 Liter-Kühe haben immer ein brauchbares, funktionstaugliches  Exterieur, sie müssen aber keineswegs „exzellent“ eingestuft sein.

    RZS und RZD
    Natürlich sind Zellzahlen (RZS) ökonomisch relevant für einen ganzen Betrieb, wenn bei zu hohen Werten Milch schlechter bezahlt wird. Aber dieses kommt heute selten vor und ist dann eher ein Betriebsproblem. Ein kuhindividuelles, genetisches Zellzahl-Problem wird mit dem RZEuterfit besser abgedeckt. Und die Melkbarkeit: ja, sie ist ökonomisch relevant (ca. 4 bis 6%). Da das Merkmal aber ein Optimalmerkmal ist (wie übrigens auch fast alle Exterieurmerkmale), soll es nicht berücksichtigt werden, weil sich sonst eine (zu schnelle) Melkbarkeit mit allen negativen Konsequenzen ergeben würde.

    Warum RZ€ ?
    Der RZ€ bildet natürlich – wie jeder andere Gesamtzuchtwert auch – Durchschnittsparameter einer Population, was genetische und was wirtschaftliche Annahmen angeht. Dieser Zuchtwert soll auf die maßgeblichen ökonomischen Einflussfaktoren der Milchviehhaltung mit Holsteinkühen fokussieren und die Genetik mehr in den Vordergrund stellen, die hierfür (aufgrund der Annahmen) am besten geeignet ist. Durch die immer größer werdenden Betriebe in der Milchviehhaltung in Deutschland bestand eine Nachfrage nach einem solchen ökonomischen Gesamtzuchtwert, der man nun gerecht geworden ist. Es bleibt natürlich nach wie vor jedem Betrieb selbst überlassen, seine eigenen Schwerpunkte zu setzen. Besondere Vorteile haben jetzt natürlich die typisierenden Betriebe, in denen für ihre weiblichen Tiere ab dem 7. August auch einen RZ€ ausgewiesen wird, so dass dann auch eine betriebswirtschaftliche Rangierung und Selektion der Tiere, aber auch eine betriebswirtschaftliche Anpaarung der Tiere möglich ist.

    Was wird aus dem RZG?
    Diesen alt bekannten und auch international renommierten Gesamtzuchtwert wird und muss es weiterhin geben, weil er die „genetische Währung“ Deutschlands ist. Er bleibt weiterhin bestehen und wird in einem Jahr – so ist der Plan – angepasst, um neue Merkmale, insbesondere die seit April 2019 verfügbaren Gesundheitsmerkmale zu integrieren. Mit zwei Gesamtzuchtwerten zu arbeiten ist übrigens nicht unüblich, denn das Mutterland der Holstein-Zucht, Nordamerika, arbeitet schon sehr lange mit zwei Indizes (traditionellen und ökonomischen Index):
     
    USA mit TPI / NM$ und Kanada mit LPI / Pro$.

     

    Hartwig Meinikmann

  • Gewichtung des RZ€

    Die Grenzgewinne je Standardabweichung im Überblick

    Hier liegt Ihnen die Darstellung mit der Tabelle auch als PDF zum downloaden bereit.

  • Weitere externe Quellen zum Thema RZ€

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